shayol_both_blaupausen.jpgVor 120 Jahren erschien der Roman Ein Rückblick aus dem Jahr 2000 auf 1887 von Edward Bellamy, einem amerikanischen Journalisten. Er schilderte ein ozialistisches Staatswesen und löste damit eine weitweite Begeisterung aus. Seit dem sind viele Utopien verfasst worden und die Literaturwissenschaft hat sich diesen Staatsromanen zugewandt. Aber eine Betrachtung der sozialistischen Gesellschaftsentwürfe und ihrer Verknüpfungen mit dem Industriezeitalter fehlte bisher.

Der Autor schlägt einen Bogen von der industriellen Revolution zur Arbeiterbewegung und ihrer Reflexion für eine sozialistische Gesellschaft in den literarischen Utopien.

Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen die utopischen Werke von Edward Bellamy bis Mack Reynolds. Neben diesen beiden amerikanischen Autoren kommen Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Russland und England zu Wort. Heute noch relevante Fragen, wie die gerechte Verteilung des sozialen Reichtums, der Zugang zu Bildung für alle, die Rechte der Frauen, die Rolle von Wissenschaft und Technik in unserer Gesellschaft oder die Energieversorgung werden in diesen Vorschlägen für eine bessere Welt beleuchtet. Portraits der Verfasser ergänzen die Zusammenstellung. Einige werden hier erstmals vorgestellt.

Sowohl die sozialistische wie die bürgerliche Literaturkritik haben diese Spielart der Utopien bisher immer ignoriert, ja abgelehnt. Die Sozialisten selbst verhängten ein „Bilderverbot“ über den zukünftigen sozialistischen Staat. Der Autor belegt dies anhand vieler Zitate von Marx, Engels, Lenin und weiteren Kritikern der Utopie. Doch die utopischen Werke durchbrechen dieses Verbot, regen auch heute zur Diskussion an und liefern Blaupausen für die Zukunft.

Wolfgang Both
Rote Blaupausen – Eine kurze Geschichte der sozialistischen Utopien
49,- EUR
ISBN: 978-3-926126-83-2

Beim Clubabend ging es diesmal um Weltuntergangsszenarien. Ralf Lorenz moderierte den Abend und schrieb im Vorfeld dazu:

In den letzten Jahren waren die Sommertreffen im Juli oder August traditionell dem Small Talk über Bücher vorbehalten. Ich habe mir überlegt, dass wir mal wieder ein »klassisches« SF-Über-Thema in den Mittelpunkt stellen, und zwar Weltuntergangsszenarien. Diese haben gerade Konjunktur, sowohl in der SF als auch außerhalb. Vielleicht habt ihr in letzter Zeit das eine oder andere in dieser Richtung gelesen und würdet es gern vorstellen? Den allgemeinen Background hatte Ralf Neukirchen bereits angesprochen:
Finden wir solche Weltuntergangsszenarien so schön (ein »wohliger Schauer« rieselt unserem Rücken herab), weil wir uns anschließend gemütlich in unseren Sessel zurücklehnen können, um selbst bei »realistischsten« Szenarien/Vorhersagen zu sagen: »So schlimm wird es ja nicht kommen!« oder »Bis es soweit ist, schau ich mir die Radieschen von unten an.« – Gibt es eigentlich »positive« Effekte bei der Leserschaft. Wollen die Autoren solche Effekte haben? Oder geht es nur um  Äktschen?

Doch es ging keineswegs um Action-Bücher, sondern vielmehr um literarische Weltuntergänge. So wurden Bücher von Cormac McCarthy (Die Straße), Robert Merle (Malevil) oder Arno Schmidt (Schwarze Spiegel) vorgestellt. Aber auch einige SF-Klassiker zum Thema kamen zur Sprache. Nicht zuletzt die grandiose Geschichte »Die neun Milliarden Namen Gottes« von Arthur C. Clarke. Ein anregender Abend, der mal wieder Lust auf interessante Bücher gemacht hat.